
Hell is Us ist kein gewöhnliches Spiel – es ist ein psychologischer Ausnahmezustand. Du bekommst keine Karte, keine Marker, keine Hilfe. Stattdessen kämpfst du mit roher Gewalt, taktischem Timing und einer Drohne als einzigem Verbündeten gegen verstörende Kreaturen, die wie lebende Albträume wirken. Mehr dazu in meinem Test.
Verloren in der Hölle der Menschlichkeit
Hell is Us spielt in einem fiktiven Land namens Hadea, das von einem Bürgerkrieg und mysteriösen Phänomenen heimgesucht wird. Du übernimmst die Rolle von Rémi, einem Mann mit dunkler Vergangenheit, der sich auf die Suche nach seiner Familie und seiner eigenen Identität begibt. Dabei stößt du auf groteske Kreaturen, die als Manifestationen menschlicher Emotionen und Traumata interpretiert werden können.
Die Story ist fragmentarisch und kryptisch, was bewusst so gestaltet ist: Du musst Hinweise selbst zusammensetzen, Gespräche analysieren und Umgebungen lesen. Es ist kein narratives Fast Food – eher ein literarischer Mystery-Thriller in interaktiver Form.
Wertung Story & Atmosphäre: 9/10

Kampf gegen das Unbekannte
Hell is Us bricht bewusst mit Konventionen und setzt auf ein reduziertes, aber intensives Spielerlebnis, das dich herausfordert, statt dich zu führen.
Du kämpfst fast ausschließlich im Nahkampf mit einer Mischung aus:
- Leichten und schweren Angriffen, die du kombinieren kannst
- Parieren und Ausweichen, wobei das Timing entscheidend ist
- Spezialfähigkeiten, die du im Laufe des Spiels freischaltest und mit Bedacht einsetzen musst
Die Gegner, sogenannte Hollow Walkers, sind keine Standard-Figuren. Sie haben unberechenbare Bewegungsmuster, reagieren auf deine Aktionen und verlangen unterschiedliche Strategien. Manche sind träge und brutal, andere schnell und nervös. Du musst sie lesen wie ein Gegner in einem Fechtduell.
Drohne & Ausrüstung: Dein einziger Verbündeter
Statt eines HUDs oder Minimap bekommst du eine Drohne, die:
- Gegner scannt und Schwachstellen aufdeckt
- Umgebungen analysiert (z. B. versteckte Pfade oder Hinweise)
- In Kämpfen als taktisches Werkzeug dient – etwa durch Ablenkung oder Lichtimpulse
Die Drohne ersetzt klassische UI-Elemente und zwingt dich, visuell zu denken.
Heilung & Ressourcen: Minimalistisch und riskant
Es gibt keine automatische Regeneration. Heilung erfolgt über Medikits oder Rituale im Spiel.
Das System ist darauf ausgelegt, dich unter Druck zu setzen. Du musst abwägen: Heile ich jetzt und riskiere eine Öffnung im Kampf? Oder halte ich durch und warte auf eine bessere Gelegenheit?
Rätsel & Umgebungsinteraktion
Viele Bereiche sind durch rätselhafte Mechaniken verschlossen:
- Du musst Objekte manipulieren, Symbole entschlüsseln oder Klangmuster erkennen
- Manche Rätsel sind psychologisch aufgeladen – etwa durch Halluzinationen oder Erinnerungsfragmente
Die Rätsel sind oft mehrdeutig und verlangen, dass du kontextuell denkst nicht nur logisch, sondern auch emotional und symbolisch. Für mich stellten sie eine großartige Abwechslung zum restlichen Gameplay des Spiels dar und rundeten es perfekt ab.

Die Welt des Spiels ist semi-offen, aber bewusst kompakt gehalten. Statt einer riesigen Karte mit Icons und Sammelobjekten setzt das Spiel auf intensive, bedeutungsvolle Orte, die du selbst entdecken musst. Jeder Bereich erzählt eine Geschichte , nicht durch Cutscenes, sondern durch Architektur, Lichtführung und subtile Hinweise.
Es gibt keine Karte, keine Questmarker, keine Schnellreise. Du orientierst dich an: Natürlichen Landmarken Akustischen Signalen oder der Symbolik in der Spielwelt.
Diese Designentscheidung zwingt dich, wirklich hinzusehen. Du wirst dich verirren und genau das ist Teil des Spiels. Die Welt fühlt sich dadurch lebendig und geheimnisvoll an, fast wie ein Charakter für sich.
Wertung Gameplay: 8/10
Kunst trifft Wahnsinn
Visuell ist Hell is Us ein audiovisuelles Statement. Die Grafik ist nicht auf fotorealistischen Bombast ausgelegt, sondern auf Stil, Symbolik und Atmosphäre. Die Farbpalette ist reduziert, oft dominiert von Grau-, Rost- und Blutrot-Tönen. Licht wird gezielt eingesetzt, um emotionale Spannung zu erzeugen , etwa durch flackernde Neonlichter in verlassenen Gebäuden oder durch das diffuse Leuchten der Hollow Walkers.
Die Kreaturen selbst wirken wie lebende Skulpturen, teils organisch, teils mechanisch, oft grotesk und verstörend. Ihre Designs sind nicht nur visuell eindrucksvoll, sondern auch thematisch aufgeladen – sie spiegeln Schuld, Angst oder Verdrängung wider.
Der Soundtrack ist minimalistisch und psychologisch.
Von subtilen Klangteppichen, verzerrten Stimmen oder purer Stille ist hier alles dabei und macht die Welt des Spiels sehr lebendig.
Wertung Grafik & Sound: 8.5/10

Fazit – Ein Spiel, das dich nicht unterhält, sondern herausfordert
Hell is Us ist kein Spiel, das dich mit Belohnungen überhäuft oder dich an die Hand nimmt. Es ist ein radikales Gegenmodell zur modernen Open-World-Formel: keine Karte, keine Marker, keine Tutorials – dafür eine Welt voller Bedeutung, Schmerz und Geheimnisse.
Es ist ein Spiel, das dich prüft, statt dich zu belohnen. Du wirst dich verirren, scheitern, zweifeln – aber genau darin liegt seine Stärke. Wer sich darauf einlässt, erlebt ein Abenteuer, das emotional, intellektuell und visuell herausfordert.
Für Fans von Spielen wie Death Stranding, Outer Wilds, Inside oder Pathologic ist Hell is Us ein potenzielles Highlight. Für alle anderen: ein riskantes Experiment, das entweder frustriert oder fasziniert.
Kommentar hinzufügen
Kommentare